Freitag, 18. Februar 2011

Behindert

oder eine Behinderung, die keiner wahr haben will...

Wer nicht lesen kann, der gilt zwar nicht als behindert, aber er hat es extrem schwer einen Beruf zu erlernen. Denn immer wieder bleiben ihm wichtige Informationen vorenthalten und es gibt Berufe, da kann man sich gar nicht vorstellen, das dieser von einem Analphabeten ausgeübt werden könnte. Es ist ein Tabuthema nicht richtig lesen und schreiben zu können, aber es gibt Stellen die einem Hilfe anbieten.

Doch was ist mit denen die nicht richtig schmecken und riechen können, die auch als behindert darzustellen, das ginge vielen zu weit, aber betrachten wir es doch mal anders.

Ein Koch ohne Geschmackssinn kann kein guter Koch sein, würde man sofort sagen und auch ein Sommelier braucht eine gute Nase, ein Bartender natürlich ebenso.
Aber während es für lesen und schreiben diverse Prüfungen gibt, scheint das beim schmecken und riechen eher unbekannt zu sein. Ich habe als Bartender in vielen Bars gearbeitet, aber nie wurde ich deshalb befragt, oder gar geprüft. Ich persönlich kenne einige Bartender, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr richtig schmecken und riechen können, aber sie arbeiten alle noch in ihrem Beruf. Denn wer von uns prüft schon seine Angestellten bzw trainiert sie regelmässig in Bezug auf ihre Sinneswahrnehmung per Nase und Gaumen???

"Die Unfähigkeit zu riechen, zu schmecken, zu tasten usw. ist eine schwere Behinderung, die zur Folge hat, dass der betroffene Mensch aufgrund dieses Mankos unglücklich und sich selbst fremd ist."

Jean-Philippe Denrenne, Professor für Medizin

Für viele ist ein Tasting die erste bewusste und geführte Auseinandersetzung mit dem Geruchssinn und vieles was man dort riechen kann, hat man schon mal gerochen, aber man kann es nicht benennen. Man ist irgendwie so sprachlos...
Ich vergleiche es immer gern mit einem Klassentreffen der Grundschule, bei dem man als Letzter den Raum betritt und alle haben sich schon vorgestellt und nun schaut man in die Runde und hofft wenigsten einige der Schulkameraden auf Anhieb wiederzuerkennen, doch irgendwie fällt einem nicht ein Name ein.

"was nützen die besten technischen Gerätschaften, die zahllosen Maßnahmen zum Schutze der Echtheit und der Ursprungsbezeichnungen, wenn der, für den sie entwickelt und eingesetzt werden, der Verbraucher nämlich, nicht in der Lage ist, einen schlechten Weißwein von einem guten Cidre zu unterscheiden?

Max Leglise Önolge, Verfasser von "Une initation a la Degustation des grand vins"

3 Kommentare:

  1. Ein Kommentar für zwei absolut lesenswerte Beiträge. Eine absolute Horrorvorstellung für mich, meinen Geschmacks- und Geruchssinn zu verlieren. Mit reicht schon meine Schwerhörigkeit...

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  2. Da ist etwas Wahres daran.

    Ich finde es sehr oft erschreckend, wie viele Gerüche und Geschmäcke ich eigentlich kenne, aber nicht benennen kann.

    Seit dem ich mich intensiver mit Cocktails und Spirituosen beschäftige achte ich auch viel mehr auf meine üblichen Nahrungsmittel. Langsam, aber stetig wird es besser mit dem Benennen. Der Weg ist jedoch noch lang.

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  3. Gefällt mir sehr, dieser Artikel.
    Andersherum wird man auch gerne als Freak angesehen, wenn man sich schon länger mit dem Riechen und Schmecken beschäftigt hat. Dass das teilweise harte Arbeit und ständiges Training bedeutet, ahnen sehr viele Leute nicht.

    Kristina

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