Donnerstag, 17. Februar 2011

Aromen machen sprachlos

oder über die Probleme zu beschreiben was einem schmeckt...

Wer bei uns in die Bar kommt, der erhält kein 40 Seiten starkes Buch alias Cocktailkarte, in dem er stundenlang hilflos blättern kann und doch nichts über den zu erwartenden Geschmack seines Cocktails erfährt.
Wir reden mit unseren Gästen und fragen sie was sie sich so vorstellen, bzw auf was sie vielleicht momentan auch Lust haben. Diese Beratungsgespräche, die dann zur Wahl des gewünschten Geschmacksprofil kommen, fallen jedoch auch vielen Gästen nicht gerade leicht. Häufig wissen die Gäste eher was sie nicht mögen und nicht so sehr was sie mögen, viele Gäste überfällt eine gewisse Sprachlosigkeit, wenn sie über Aromen sprechen sollen.

Doch warum eigentlich???

Jeden Tag essen wir Dinge, die wir mögen und Dinge die wir nicht mögen, aber man macht sich kaum mehr Gedanken dazu, denn Essen ist zwar lebenswichtig, wird aber fast immer nur so nebenbei in den Tagesablauf eingebaut.

Mal eine ehrliche Frage an euch!
Habt ihr heute schon was gegessen ???


Klar, werden jetzt einige sagen und das hoffe ich sogar...
aber wo kam euer Essen her???

Gestern im Kindercocktailkurs fragte ich genau das Kids und Erwachsene und beide antworteten mit Phrasen wie diesen:
aus dem Supermarkt, ich kaufe im Bioladen, bei mir aus der Küche, die Sachen liegen im Kühlschrank und so ähnliches...
und wahrscheinlich lag diese Antwort euch auch auf der Zunge! STIMMT DOCH, oder!?!?!

Klar, heute gehen wir in den Supermarkt und denken gar nicht mehr darüber nach was wir so alles essen können, daher ist unser Geschmackssinn auch so verkümmert. Wir brauchen ihn auch nicht mehr zum überleben, wer ohne Geschmackssinn leben muss, der ist doch keinesfalls behindert.
Heute nicht mehr, aber zu Beginn der menschlichen Evolution, war der Höhlenmensch auf ihn angewiesen und er war einer der wichtigsten Sinne zum überleben.
Die gesamte Ernährung war auf Trial & Error ausgelegt und wer sich nicht vergiften wollte, der brauchte seinen Geschmackssinn und musste diesen sensibilisieren (bzw trainieren).
Heute jedoch ist es selbstverständlich das wir exotisches Obst (Papaya, Maracuja, Mango,...), Gemüse aus Fernost und Tiere aus aller Welt auf unserem Speiseplan haben,
einzig und allein weil es uns interessiert, aber nicht aufgrund von selbstgemachten Erfahrungen.
Zucchini aus Italien und Oliven aus Griechenland sind inzwischen absoluter Standard auf den Speisetellern aller Europäer, doch wer von uns weiss wie diese Früchte geerntet werden oder wie sie wachsen und wie sie reifen.
All diese Erfahrungen haben Menschen für uns vorher schon mittels ihres Geschmackssinn ermittelt und wir nutzen nur noch deren Erfahrungswerte, aber verlassen uns nicht mehr auf unseren eigenen Geschmackssinn.
Das was wir rein am Geschmack erkennen (Blindtasting) ist doch erschreckend wenig
und immer wieder erlebe ich bei Tastings, die ich durchführe, wie überraschend es für viele Teilnehmer ist, das sie ihren Geschmackssinn als sehr gut eingeschätzt hatten, aber dann fast nichts erkannt hatten. Meist wird dann erstmal alles als Falsch dargestellt, aber mit ein wenig Leitung erkennen sie schnell ihre Fehleinschätzung und sind umso überraschter wie wenig sie noch schmecken.

Der Geschmackssinn ist wie eine Sprache, aber kaum einer von uns spricht sie mehr...
Das macht uns stumm und hilflos gegenüber, denen die das ausnutzen um uns möglichst billig abzufüttern...

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