Dienstag, 30. März 2010

Barkultur im Ruhrgebiet

oder Mischen im Pott ist eine große Aufgabe...

Jörg Kalinke ist mir gut noch in Erinnerung vom Blog trifft Gastro-Treffen in Berlin, Daniel Witti war schon Gast in meiner Bar und Jogy und ich kennen uns seit meiner ersten Barshow in London...
Das Mischerteam vom Pott ist mir keineswegs fremd, auch nicht deren Ansatz von Barkulturbereicherung, aber ihre Region ist es mir doch arg unbekannt.
Ruhrgebiet - ja natürlich kennt man das, ein riesiges Ballungsgebiet voller Geschichten und Legenden vom einfachen Arbeiter, der Kohle- und Stahlindustrie, sowie leidlich erfolgreichen Fussballklubs (Schalke, Bochum, Bielefeld in Bezug auf Titel und Dortmund in Bezug auf Geld & gutes Management). Hier lebt der einfache Mann und trinkt sein Bier am Büdchen...
Da scheint wohl kein rechter Platz für gehobene Barkultur zu sein, das was da im Forum des Mixology-Magazins zu lesen ist, lässt zumindest nur wenig Nährboden dafür vermuten.
Grosse Ketten der Systemgastronomie halten den Pott fest in ihren Händen und es wird eher Masse statt Klasse bedient.

so schreibt Marc Stein im M-Forum:

es ist ganz einfach zu erklären: was haben wir hier gehabt im pott? 150 jahre montan industrie, 500000 stahl bzw kohlearbeiter. was haben wir nicht mehr? stahl und kohle! was haben wir jetzt? arbeitslose und geringverdiener! was haben wir noch nie gehabt? tourismus! von was leben andere städte, wie berlin, hamburg, münchen? von tourismus! wo kann man cocktails für 10 euro verkaufen? nicht hier sondern dort!
und die frage, die ich mir mindestens ein mal im monat stelle: soll ich hier in dortmund weiter machen oder lieber in die oben genannten städte ziehen und dort anschaffen?
NEIN! denn hier ist meine heimat und die will ich nach vorn bringen! egal wie oft man mich nach happy hour fragt, egal wie oft man mich fragt, warum ich keinen caipi mache, egal, dass ich mehr bier verkaufe, als cocktails.
diese region wird aufwachen und sie wird eine grandiose zukunft haben. hier gibt es mehr potenzial, als in allen oben genannten städten zusammen.
was man hier nicht machen darf ist hochnäsig daher kommen. den menschen im pott brauchst du nicht zu erzählen wie die welt funktioniert. das sehen sie selber!
warum es nur 60 km weiter in düsseldorf anders ist? weil reiche leute eben anders leben! warum in köln alles anders ist? weil dort 35% der männer schwul sind, niemals kinder machen und eben mehr weggehn. warum es in frankfurt funktioniert? weil dort die meisten bänker von ausserhalb kommen, in frankfurt nur ne kleine 13qm wohnung beziehen und denen abends die decke auf den kopf fällt und natürlich was erleben wollen, während ihre frauen und männer 400 km weit wegwohnen. mal vom potenzial eines internationalen flughafens abgesehen. Berlin? hauptstadt, tourismus, schnelllebig,etc. hamburg? hafen, st. pauli, ...münchen? geldadel oder die, die es werden wollen. stuttgart? Porsche, daimler, zulieferer. da ist überall mehr geld, als hier, und diese städte haben jahrzehnte auf unsere kosten gelebt. nrw hat bayern groß gemacht, berlin würde gar nicht so stehen, wenn der ruhrpott nicht mehr zahlen könnte. in einem land mit 80 mil. einwohnern braucht man immer 10 mil. arbeiter die einfach die fresse halten und weiter machen. und das grösste problem dieser menschen ist ist bestimmt nicht, ob sie frischen oder granini zitronensaft im cocktail haben, oder ob im piscosour eiweiss ist oder nicht! die meisten menschen haben hier grade mal 1000 euro netto. da braucht man sich nicht wundern, dass hier keine cocktailbars aus dem boden schiessen.
aber ein kleines gegenbeispiel noch( vielleicht auch etwas zum nachdenken): in einer hochgepriesenen köllner bar habe ich einen zacapa 23 für 12 euro auf der karte gesehen, bei mir kostet der 4, 70. ich denke nicht, dass der ek in köln 3x so hoch ist, wie in dortmund. vieles ist bei den "besseren bars" auch reine abzocke und fehlkalkulation und spielt mit dem nichtwissen der gäste

Das klingt für mich wie eine klare Klassenkampfparole eines altgedienten Arbeiterkämpfers, der doch schon ein wenig resigniert hat...

Lieber Marc Stein,
schau doch mal bei den Jungs vom Mission im Pott mal vorbei, geniess doch mal die Zeit mit Jungs vom selben Fach, die nicht darauf aus sind, ihren Gästen nur das schwer erarbeitete Geld aus der Tasche zu ziehen, sondern ihnen auch einfach mal was neues zu präsentieren. Oder hat der hart arbeitende Malocher keine Lust auf Köstlichkeiten der anderen Art, jenseits des verordneten Mainstreams?!? Mit Sicherheit hat auch er mehr verdient, als immer nur Curry mit Pommes und ein DAB...
Unterhalte dich doch mal mit anderen Bartendern aus deiner Region die versuchen einen anderen Weg zu gehen, was spricht denn gegen frischen Zitronensaft und einen Pisco-Sour mit Eiweiss??? Ich glaube nicht das wir die Welt damit ändern oder retten, aber geniessen sollte man schon die Zeit, die man hier ist...
egal ob in London, Rom, Wien, Berlin oder im Pott


Mission im Pott ist ab sofort auch beim Barkultourist in der Blogroll zu finden...

4 Kommentare:

  1. *hüstel* Er ist gerne eingeladen, nächstes offenes Treffen: 6. April im Wasserbahnhof Mülheim in Franky's Cuba CLub ab 20 Uhr... Genau wie jeder andere interessierte.

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  2. es handelt sich hier um den preis für 4cl und bitte gönne den kollegen die freiheit ihre produkte nicht für den EK zu verkaufen zu wollen ...

    gruss in den pott, koogleblitz.

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  3. Also mal ehrlich, 4cl Zacapa für 4,70€ ist schön und gut, aber da verdient man nicht wirklich was daran. Dieser Preis ist für mich gastronomisch völlig fehlkalkuliert. Ich arbeite im Hotel, da habe ich feste Vorgaben für meinen Wareneinsatz. Wenn ich den nicht einhalte, rollen Köpfe. Bei 4,70€ hast du nen Wareneinsatz von rund 50% und das ist selbst in der freien Gastronomie völlig utopisch. Wenn man vernünftiges Personal beschäftigt und diese auch vernünftig entlohnen will sind solche Kalkulationen unrealistisch. Mit solchen Sachen, macht man die Preise kaputt und zerstört die Wertschätzung dieser Produkte.

    Grüße

    René aus Dresden

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  4. Jeder soll doch so kalkulieren wie er mag, wenn man dann vor geschlossenen Türen steht, da hat hat man den Effekt dieser Kalkulation.

    Aber bitte wieder zurück zum Tenor...die Preisdebatte ist langweilig, denn über den Preis verkaufen kann jeder, das weiß auch jeder im Pott!!

    Ähnlich wie Cocktails wegen der Wirkung zu trinken...*gähn*

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