Samstag, 11. Juni 2011

Jeden Tag eine gute Tat

oder als der Teddybär sich von der Rolltreppe schwang...

Mühsam schleppte ich mich morgens aus dem Bett, gestern war es in der Bar spät geworden und der Abreisetermin war leider sehr früh gewählt. Spät dran war ich dazu, also eiligst die letzten Sachen noch schnell gepackt und dann ab zum Bahnhof, schliesslich sollte es ab nach Wien gehn zum Cocktails&Dreams-Forumstreffen. Gern wäre ich schon am Freitag gefahren, aber da standen noch diverse Veranstaltungen in der Bar im Weg.
Taxi gerufen - runter gerannt und ab zum Hauptbahnhof, dort war ich gestern schon gewesen und hatte Frau und 2 Kinder in den Zug gesetzt. Ticket in der Brieftasche und ab die Treppen zum Gleis 14 hoch; 5 Minuten noch - das schaffe ich locker, der Taxifahrerin und ihrem gekonnt rasantem Fahrstil sei Dank! Knappe 6-7 Höhenmeter trennen mich noch vom Zug, ich entspanne und betrachte beim heraufgleiten der Rolltreppe eine Mutter mit 3 Kindern.
Die Älteste (circa 4 Jahre) an der linken und der Mittlere (circa 3 Jahre) an der rechten Hand, alle auf den Rücken mit Rucksäcken beladen und das Kleinste vorn im Babytragesystem. Ich bewunderte die Mutter noch wie ruhig sie blieb und den Jungen mehrfach höflich ermahnte, er möge auf seinen Teddy aufpassen, das der ja nicht runterfalle, denn dann wäre der für immer weg. Naja, sollte er von der Rolltreppe nun runter fallen würde er fast 4 Etagen tief fallen und so geschah es dann im fast gleichen Moment auch...
Der Junge verlor ihn aus der Hand
der Teddy fiel losgelassen vom Rollband herunter,
dummerweise aber nicht nach innen, sondern nach aussen.
Die Mutter fluchte, der Junge schrie und schrie,
der Teddy fiel und fiel.
Ich sah wie er rasend nach unten stürzte,
dort dann im Untergeschoss sein Sturz auf einer der Sitzbänke endete.
Riesige Tränen kullerten aus den weitgeöffneten Augen des kleinen Jungen,
die Mutter steckte vermutlich in der moralischen Klemme,
aber mit fester Stimme sagte sie:
Dein Teddy muss jetzt hierbleiben, denn der Zug kommt gleich an und wir können den jetzt nicht mehr hochholen; sonst verpassen wir den Zug und haben dann auch im nächsten Zug keinen Sitzplatz mehr. Tiefe Schluchzer schüttelten das Kind und während mein Zug gerade einfuhr und wir oben am Gleis ankamen, so konnte ich nicht mehr anders (ich sah vor meinem geistigen Auge, wie der Junge auf der langen Zugfahrt tränenüberströmt sitzen würde und eine endlos traurige Atmosphäre in die Nerven seiner Mutter schleifen würde).

Mich selbst verfluchend und auf meine Schnelligkeit hoffend, sowie excellenten Ortskenntnisse vertrauend - sprintete ich die Treppe runter, rannte von Rolltreppe zu Rolltreppe und erreichte überraschend schnell das Untergeschoss. Dort hielt ein etwas verdutzter Mann den Teddy in der Hand und wunderte sich wohl woher der Besucher so plötzlich kam. Ich entriss ihm das Tier, dankte ihm kurz und spurtete die Fahrttreppen wieder hoch. die ersten 2 Etagen machte meine Kondition das noch gut mit, aber dann spürte ich merklich das Gepäck auf meinem Rücken. Die nächste Rolltreppe stampfte ich schnellstmöglich aufwärts und hetzte mich zum letzen Treppenabschnitt zum Gleis.
Ich wählte merklich erschöpft die Rolltreppe und kämpfte mich hoch, doch im oberen Drittel war eine riesige Traube von Menschen mit riesigen Koffer unüberwindbar; ich hörte die Ansage meines Zuges - rannte die Rolltreppe wieder runter und dann die Treppe hoch. Oben angekommen stach meine Lunge wie verrückt und die Türen des Zug schlossen bereits; ich sah die Mutter wie sie ihren Sohn versuchte zu trösten und ihn zum einsteigen in den Zug auf dem Nachbargleis überredete - mein Zug fuhr ab.
Ich ging zum kleinen Jungen und überreichte ihm seinen Teddy, er schnappte ihn und versteckte sich schüchtern hinter seiner Mama. Sie war überglücklich und sagte:
DANKE!!! Das muss mein Glückstag sein, wir hätten unseren Zug nicht mehr geschafft wären wir runter gegangen und Tobi hätte nur geheult. Fahren sie auch mit diesem Zug?
Nein, sagte ich, meiner ist eben vom Nachbargleis abgefahren, aber ich habe selber zwei Kinder und musste daran denken das es meiner Frau wohl ganz ähnlich ergangen wäre.
Ich hievte ihren Rucksack noch in den Zug und wünschte ihr eine gute Fahrt, die Augen des kleinen Tobi strahlten mich schüchtern an.


Müde, aber sehr glücklich ging ich die Treppe runter und verschwand in der Schalterhalle, erstmal ein neues Ticket und Platzkarten besorgen.

Cocktailnerds - sorry - ich komme später!!!

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